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Urkundenfälschung im Schweizer Recht

Dokumente sind in unserem Leben äusserst wichtig. Sie bescheinigen unsere Nationalität, unsere beruflichen Fähigkeiten, welche Fahrzeuge wir lenken dürfen und bis wann unser Arbeits- oder Mietvertrag läuft. Dabei vertrauen wir darauf, dass diese Dokumente korrekt sind. Denn was, wenn nicht? Handelt es sich dann um eine Urkundenfälschung?

Was schützt die Urkundenfälschung?

Die Urkundenfälschung gewährleistet als allgemeines Rechtsgut den Schutz von Treu und Glauben im Rechtsverkehr. Das Vertrauen in die Echtheit und Wahrheit von Erklärungen in Form von Urkunden soll geschützt werden. Dies bedeutet, dass das Dokument von demjenigen verfasst worden ist, der aus dem Dokument als sein Aussteller hervorgeht, und dass der Inhalt des Dokuments mit den Tatsachen übereinstimmt.

Was ist eine Urkunde im strafrechtlichen Sinne?

Das Ergebnis der Urkundenfälschung muss eine Urkunde sein. Bevor also festgestellt werden kann, ob eine Urkundenfälschung vorliegt, muss in einem ersten Schritt die Frage gestellt werden, ob es sich um eine Urkunde im Sinne des Strafgesetzbuches handelt.

Urkunden sind Schriften, Zeichen oder Aufzeichnungen auf Bild- oder Datenträgern, die bestimmt und geeignet sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen (Art. 110 Abs. 4 StGB). Damit folglich ein Schriftstück Urkundenqualität aufweist und die Anwendung des Urkundenstrafrechts in Betracht kommt, müssen kumulativ folgende drei Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Das Schriftstück muss eine menschliche Gedankenerklärung verkörpern oder einen Sachverhalt darlegen (Perpetuierungsfunktion).
  2. Der Aussteller muss auf dem Dokument erkennbar sein (Garantiefunktion).
  3. Das Schriftstück muss zum Beweis einer Tatsache von rechtlicher Bedeutung bestimmt und geeignet sein (Beweisfunktion).

Dokumente, die als Urkunden gelten, sind beispielsweise Schul- und Arbeitszeugnisse, Führerscheine, medizinische Rezepte, Fahrkarten im öffentlichen Verkehr, Schuld- und Meldescheine sowie Strafanzeigen.

Was zählt als Urkundenfälschung?

Handelt es sich um eine Urkunde im Sinne des Strafrechts, stellt sich nun in einem zweiten Schritt die Frage, ob eine Urkundenfälschung vorliegt.

Urkundenfälschung bedeutet das Herstellen einer unechten Urkunde (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB). Hierbei ist zwischen der Falschbeurkundung, bei der der Täter eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet oder beurkunden lässt, und der Urkundenfälschung im engeren Sinn zu unterscheiden. Die Urkundenfälschung im engeren Sinn kann auf drei verschiedene Arten begangen werden:

  • Der Täter kann eine Urkunde fälschen (Variante 1).
  • Der Täter kann eine Urkunde verfälschen (Variante 2).
  • Der Täter kann die echte Unterschrift eines Dritten zur Herstellung einer unechten Urkunde benutzen – sog. Blankettfälschung (Variante 3).

Bei all diesen drei Tatbestandsvarianten der Urkundenfälschung im engeren Sinn geht es darum, dass der Täter eine unechte Urkunde herstellt. Die Urkunde ist unecht, wenn sie nicht von dem aus ihr ersichtlichen, scheinbaren Aussteller, sondern von einer anderen Person stammt. Der tatsächliche Aussteller der Urkunde und der aus ihr ersichtliche, scheinbare Aussteller sind nicht identisch. Urkundenfälschung ist mit anderen Worten die Täuschung über die Identität ihres Urhebers / tatsächlichen Ausstellers. Ob dabei der Inhalt der unechten Urkunde wahr oder unwahr ist, ist für die Strafbarkeit nicht von Belang – anders jedoch bei der Falschbeurkundung.

Die drei Varianten: Fälschen, Verfälschen oder Blankettfälschung

Bei der Urkundenfälschung wird – wie bereits erwähnt – zwischen drei verschiedenen Varianten unterschieden:

1. Fälschen: Die Urkunde wird gefälscht, wenn der Täter eine unechte Urkunde herstellt. Die ganze Urkunde wird also vom Täter und nicht von dem auf ihr angegebenen oder aus ihr ersichtlichen Aussteller angefertigt (sog. Totalfälschung). Dabei spielt die Qualität der Fälschung keine Rolle. Idealtypisch ist das Fälschen einer Unterschrift oder die Unterzeichnung eines Vertrages mit falschem Namen.

2. Verfälschen: Die Urkunde wird verfälscht, wenn der Täter eine unechte Urkunde durch nachträgliches eigenmächtiges Abändern einer ursprünglich echten Urkunde herstellt. Er kann dabei die Urkunde auf zwei verschiedene Arten verfälschen:

  1. Der Täter kann den Inhalt durch Veränderung oder Beseitigung des bisher Erklärten bei Beibehaltung der ursprünglichen Unterschrift ändern, indem er beispielsweise einen Zusatz zum Text beifügt, bei einer Geldsumme eine «Null» entfernt bzw. hinzufügt oder das Datum verändert. Die Erklärung entspricht demnach nicht mehr der ursprünglichen Erklärung des Urkundenausstellers. Beispiele: Das Auswechseln eines Fotos im Reisepass, das Erstellen einer Kopie unter Abdeckung von Teilen des Originals oder das Entfernen von Stempelabdrücken bei Fahrkarten, so dass diese noch nicht entwertet wären.
  2. Der Täter kann die Unterschrift ändern. Dadurch wird ein neuer Aussteller angegeben, der mit dem wirklichen Aussteller nicht übereinstimmt.

3. Blankettfälschung: Eine Blanktettfälschung liegt vor, wenn der Täter eine Blankounterschrift ohne Erlaubnis des Unterschriftleistenden mit einem Text, der nicht dem Willen des aus der Urkunde ersichtlichen Ausstellers entspricht, vervollständigt. Die – beispielsweise auf einem Blatt oder Formular angebrachte – echte Unterschrift einer anderen Person wird somit mit einem Text verbunden, der nicht mehr dem Willen dieser Person entspricht.

Drei weitere Voraussetzungen: Vorsatz, Schädigungs- / Vorteilsabsicht und Täuschungsabsicht

Die Urkundenfälschung ist sodann nur strafbar, wenn der Täter vorsätzlich handelt. Dies bedeutet, dass der Täter mit Wissen und Willen die objektiven Tatbestandselemente verwirklicht und insbesondere weiss, dass das Objekt der Handlung eine Urkunde ist. Dabei genügt Eventualvorsatz.

Erforderlich ist im Weiteren, dass der Täter alternativ entweder mit der Absicht, sich oder einem anderen unrechtmässige Vorteile zu beschaffen (Vorteilsabsicht), oder mit der Absicht, jemandem anderen am Vermögen oder an anderen Rechten zu schädigen (Schädigungsabsicht), handelt.

Schliesslicht wird eine Täuschungsabsicht vorausgesetzt. Der Täter muss den Willen haben, die Urkunde im Rechtsverkehr als echt zu verwenden bzw. verwenden zu lassen. Dass die Täuschung tatsächlich gelingt, ist nicht erforderlich. Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts liegt der täuschende Gebrauch der Urkunde schon darin, dass der Täter sie in den Rechtsverkehr bringt.

Welche Strafen folgen einer Urkundenfälschung?

Die Urkundenfälschung ist ein Verbrechen (Art. 10 Abs. 2 StGB) und wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe bestraft. In besonders leichten Fällen kann der Richter jedoch auf eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe erkennen (Art. 251 Ziff. 2 StGB). Ob ein besonders leichter Fall vorliegt, ist von den gesamten Umständen des Einzelfalles abhängig. Das Verhalten des Täters muss dabei in objektiver und subjektiver Hinsicht Bagatellcharakter aufweisen, wobei die Richter einen strengen Massstab anlegen. Kriterien sind die Bedeutung des gefälschten Dokuments im Rechtsverkehr, das Mass der Abweichung der Fälschung von der wahren Sachlage, Art und Umfang des angestrebten Vorteils bzw. der beabsichtigten Schädigung sowie die Tatmotive.

Fragen und Antworten zur Urkundenfälschung

Die beiden Begriffe Dokumentfälschung und Urkundenfälschung werden lediglich umgangssprachlich getrennt. Strafrechtlich spricht man stets von Urkundenfälschung. Denn im Strafrecht gibt es den Begriff Dokumentfälschung nicht, sondern nur den Begriff Urkundenfälschung. Dies bedeutet aber weder, dass jedes Dokument eine Urkunde ist, noch, dass eine Urkunde immer ein Dokument ist.
Nach der Legaldefinition aus Art. 110 Abs. 4 StGB sind Urkunden Schriften, Zeichen oder Aufzeichnungen auf Bild- oder Datenträgern, die bestimmt und geeignet sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Damit folglich eine Urkunde im strafrechtlich relevanten Sinn gegeben ist, müssen kumulativ folgende drei Voraussetzungen erfüllt sein:
  1. Das Schriftstück muss eine menschliche Gedankenerklärung verkörpern oder einen
    Sachverhalt darlegen (Perpetuierungsfunktion).
  2.  Der Aussteller muss auf dem Dokument erkennbar sein (Garantiefunktion).
  3.  Das Schriftstück muss zum Beweis einer Tatsache von rechtlicher Bedeutung
    bestimmt und geeignet sein (Beweisfunktion).

Beispiele für Urkunden sind:

  • Schul- und Arbeitszeugnisse
  • Fahrkarten im öffentlichen Verkehr
  • Führerscheine
  • Strafanzeigen
  • Schuldscheine
  • Kennzeichen
  • Meldescheine
  • Medizinische Rezepte
  • Geburtsurkunden
  • Heiratsurkunden
  • Grundstückkaufverträge
Strafrechtlich gesehen ist eine Urkunde jede verkörperte menschliche Gedankenerklärung, die zum Beweis einer Tatsache von rechtlicher Bedeutung bestimmt und geeignet ist und einen Aussteller erkennen lässt. Diese Definition trifft auf den Kontoauszug zu und damit handelt es sich bei Bankauszügen grundsätzlich um Urkunden.
Damit es sich bei einem schriftlichen Vertrag um eine Urkunde handelt, muss dieser eine menschliche Gedankenerklärung, die zum Beweis einer rechtserheblichen Tatsache bestimmt und geeignet ist, verkörpern und zudem den Aussteller erkennen lassen. In der Regel handelt es sich daher bei schriftlichen Verträgen wie beispielsweise bei einem Miet- oder Kaufvertrag um Urkunden.
Eine Urkunde im strafrechtlichen Sinn ist jede verkörperte menschliche Gedankenerklärung, die zum Beweis einer Tatsache von rechtlicher Bedeutung bestimmt und geeignet ist, und einen Aussteller erkennen lässt. Demnach kann ein Bierdeckel eine Urkunde sein, falls der Wirt für jedes Bier, das Sie bestellen, einen entsprechenden Strich auf dem Bierdeckel macht. Diesfalls stellt der Bierdeckel samt Striche, die durch den Wirt gemacht worden sind, eine echte Urkunde dar. Entfernen Sie folglich Striche auf dem Bierdeckel, um Geld zu sparen, können Sie sich unter Umständen wegen Urkundenfälschung strafbar machen.
Fälscht ein Schüler die Unterschrift seiner Eltern auf einem Dokument und wird dabei erwischt, muss er grundsätzlich mit schulischen Erziehungsmassnahmen, nicht aber mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. In der Regel schaut die Lehrperson darüber hinweg und wird den Schüler wohl kaum anzeigen. Problematisch wird es hingegen, wenn behördliche Dokumente – wie beispielsweise Arztzeugnisse oder Schulzeugnisse – gefälscht werden. Diesfalls handelt es sich grundsätzlich um Urkundenfälschungen, die strafrechtliche Folgen mit sich bringen. Zu beachten ist, dass ausserdem das Anpassen des Geburtsdatums auf dem Schülerausweis eine Urkundenfälschung darstellt.
Werden Sie der Urkundenfälschung beschuldigt, ist es durchaus sinnvoll, einen Rechtsanwalt für Strafrecht heranzuziehen. Dieser kann Sie geschickt verteidigen und dadurch bewirken, dass Ihre Strafe gemindert oder Ihr Verfahren sogar eingestellt wird. Zu beachten gilt, dass Sie keine Aussage ohne Ihren Rechtsanwalt machen sollten.
Bei der Urkundenfälschung (Art. 251 ff. StGB) und dem Betrug (Art. 146 StGB) handelt es sich um zwei verschiedene Straftatbestände. Verwendet demnach ein Täter für einen Betrug gefälschte Urkunden, besteht sowohl nach der Praxis des Bundesgerichts als auch nach der herrschenden Lehre zwischen den beiden Straftatbeständen echte Gesetzeskonkurrenz, da verschiedene Rechtsgüter betroffen sind. Bei der Urkundenfälschung wird das Vertrauen in die Gültigkeit von Beweisurkunden und beim Betrug das Vermögen geschützt. Erfüllt somit ein Täter den Straftatbestand der Urkundenfälschung und denjenigen des Betruges, werden beide Bestimmungen nebeneinander angewandt (echte Gesetzeskonkurrenz).
Tritt die Verjährung ein, ist die Verfolgung der Straftat und die Anordnung weiterer Massnahmen nicht mehr möglich. Bei den Urkundendelikten gelten je nach Straftat unterschiedliche Verjährungsfristen. Die Urkundenfälschung im engeren Sinn (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB) sowie die Falschbeurkundung (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB) verjähren in 15 Jahren ab der Tathandlung. Besonders leichte Fälle der Urkundenfälschung oder Falschbeurkundung (Art. 251 Ziff. 3 StGB) verjähren bereits in 7 Jahren ab der Tathandlung.
Handelt es sich bei der Urkundenfälschung um einen Bagatellfall, für den im Urteil lediglich eine Geldstrafe unter CHF 5'000 oder 180 Stunden gemeinnützige Arbeit verhängt worden sind, wird dieser nicht ins Strafregister aufgenommen. Höhere Geldbussen, bedingte Freiheitsstrafen und erste Freiheitsstrafen unter einem Jahr werden hingegen ins Strafregister eingetragen und bleiben darin zehn Jahre sichtbar. Eine Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren kann sogar 15 Jahre im Strafregister eingesehen werden.
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